Bevor sie einen Product Market Fit erreichen, sind viele Produktanbieter dazu verleitet, eine viel zu große Zielgruppe ansprechen zu wollen. Erfahrt, warum das sogar die Erfolgswahrscheinlichkeit für euer Produkt deutlich reduziert und wie ihr stattdessen vorgehen solltet.
Mit der Identifikation der Zielgruppe beginnt die Arbeit an der Produktstrategie. In der Product Market Fit-Pyramide von Dan Olsen bildet die Zielgruppe die Basis für alle weiteren Schichten. Wenn man unseren Product Vision & Strategy Canvas von links oben nach rechts unten liest, ist der Zielgruppe auch das erste Kästchen gewidmet.
Jetzt könnte man verleitet sein, sich eine möglichst breite Basis, also eine möglichst große Zielgruppe zu suchen. Tatsächlich tun das viele Startups und auch andere Organisationen, die ein neues Produkt schaffen, das noch vor dem Produkt Market Fit steht. Sie suchen sich eine sehr breite Zielgruppe, weil sie hoffen, dass sie damit möglichst schnell erfolgreich werden. Die Logik dahinter: Wenn wir möglichst viele Menschen ansprechen und nur ein bestimmter Prozentsatz bei uns Kunden wird, ist eine große Zielgruppe gut. Ein Startup hat mir letztens gesagt, dass ihre Zielgruppe alle Unternehmen umfasst, die Dokumente haben und intelligent und datenschutzkonform darauf zugreifen wollen.
Leider ist das Gegenteil der Fall. Eine große Zielgruppe steigert nicht die Wahrscheinlichkeit auf einen schnellen Produkt Market Fit und damit auf einen Produkterfolg, sondern verringert sie. Denn je größer die Zielgruppe ist, desto weniger gemeinsame Schnittmenge gibt es bei den Bedürfnissen, Problemen oder Customer Jobs. Das erschwert die Ansprache im Marketing, im Sales und generell im Produktmanagement. Das bedeutet nicht, dass der Produkthersteller nicht vielleicht ein paar erste Kunden findet, aber spätestens, wenn er wachsen möchte, wird diese unscharfe Positionierung zum Problem.
Denn durch das Buch „Crossing the Chasm“ wissen wir, dass sich Kunden im Massenmarkt ganz anders als die ersten Kunden verhalten. Sie verlangen Referenzen aus ihrer Branche, bevor sie ein Produkt kaufen oder mieten. Sie wollen nur vom Marktführer kaufen. Außerdem erwarten sie meist, dass der Produktanbieter „ihre Sprache“ spricht. Das bedeutet z.B., dass Architekten oder Chemiefirmen keine generische Lösung haben wollen, sondern eine, die ihren Sprachgebrauch aufnimmt und ihre spezifischen Probleme löst.
Deshalb solltet ihr eure Zielgruppe für den Anfang möglichst klein wählen. Damit stellt ihr sicher, dass ihr
An dieser Stelle wenden Startups oft ein, dass diese Zielgruppe zu schmal ist, um damit genügend Umsatz zu machen und profitabel zu werden. Sie haben ihren Investoren eine möglichst große Zielgruppe und einen möglichst großen Total Addressable Market versprochen, um schnell profitabel zu werden. Tatsächlich gibt es aber so gut wie keine Startups, die mit einer zu großen Zielgruppe überhaupt irgendwelche maßgeblichen Umsätze gemacht haben. Zudem bedeutet die Fokussierung auf eine Zielgruppe zu Beginn nicht, dass es ewig bei dieser Zielgruppe bleiben muss. Tatsächlich schreibt Geoffrey Moore im Buch „Crossing the Chasm“, dass der Produktanbieter zunächst ein kleines Territorium als Marktführer besetzen sollte. Danach kann er sich schrittweise auf die angrenzenden Territorien ausbreiten. In unserem Beispiel könnten das z.B. andere Architekturbüros oder Kunden mit ähnlichen Bedürfnissen sein, wie Ingenieurbüros.