Ist der Preis für mein Produkt zu hoch, verliere ich Kunden. Ist er zu niedrig, bekomme ich als Produkthersteller finanzielle Probleme. Ich muss also beide Interessen im Gleichgewicht halten. Es gibt einen Ansatz, der die beiden Aspekte nicht getrennt betrachtet, sondern zusammen – Value-based Pricing. Erfahrt, wie es funktioniert!
Nach Marty Cagan unterliegt Produktentwicklung vier Risiken: Value Risk, Usability Risk, Feasibility Risk und Business Viability Risk. Im Beitrag „KI ist am Anfang meist MI“ habe ich diese vier Risiken an einem konkreten Beispiel beschrieben.
Blenden wir das zweite und das dritte Risiko mal für einen Moment aus. Dann haben wir in der Produktentwicklung die Aufgabe, etwas zu finden, das sowohl für unsere Kunden („value risk“) als auch für unser Unternehmen („business viability risk“) wertvoll ist. In unserem Product Vision & Strategy Canvas sind das die Bereiche für Kundenbedürfnisse und Top Features auf der einen und der Bereich für das Geschäftsmodell auf der anderen Seite.
Durch Product Discovery-Aktivitäten versuchen wir in der Produktentwicklung, Werthypothesen zu erzeugen. Diese Hypothesen müssen gleichzeitig Wert für den Kunden bieten und Wert für unser Unternehmen schaffen. Das Pendel kann mal eher in die eine und mal in die andere Richtung ausschlagen. Es darf aber kein Ungleichgewicht in eine Richtung entstehen. Stellen wir zu sehr den Wert für den Kunden in den Vordergrund, werden wir als Anbieter über kurz oder lang in wirtschaftliche Schwierigkeiten kommen. Priorisieren wir den Wert für uns zu hoch – und sind kein Monopolist – werden wir wahrscheinlich Schritt für Schritt unsere Kunden verlieren.
Oft zeigt sich dieser Zielkonflikt besonders im Preis beziehungsweise im Monetarisierungsmodell – denn in der Regel gibt es ja nicht einfach einen Preis für euer Produkt. Sondern der Preis bezieht sich zum Beispiel auf eine Einzelplatznutzung (jährlich oder einmalig), ein monatliches Abo oder ist provisionsbezogen. Ein gutes Monetarisierungsmodell zu finden, also für welche Leistungen, Pakete, Zeiträume und so weiter die Kunden schlussendlich zahlen, ist immer wieder eine große Herausforderung; insbesondere für Startups, die noch nicht so viel Überblick über „ihren Markt“ haben.
Dabei sollte man niemals den Fehler machen, bei der Festlegung des Modells und der Preise zu stark nach innen zu schauen. Insbesondere ist es falsch, sogenanntes Cost-based Pricing zu machen. Das bedeutet, anhand der Kosten, die ihr für die Erbringung der Leistung habt, über den Preis zu entscheiden. Das ist bei SaaS-Produkten auch gar nicht so einfach. Wenn ihr ein Startup seid, solltet ihr auch nicht nach innen betrachtet einen Preis festlegen, der ausschließlich dazu dient, potenzielle Investoren zu beeindrucken. Solche Preisfindungsansätze gehen fast immer am Markt vorbei und sorgen dafür, dass euer Produkt zu teuer oder zu günstig ist.
Ich persönlich finde es am einfachsten, den Wert für die Kunden und den Wert für unser Unternehmen nicht getrennt zu betrachten. Dazu müssen wir feststellen, wie der Wert für den Kunden überhaupt aussieht:
Wenn ihr euch über den monetären Wert für die Kunden im Klaren seid, könnt ihr einen Ansatz verwenden, der als Value-based Pricing bezeichnet wird. Spart der Kunde zum Beispiel mit eurem Produkt 100.000 € ein, könnt ihr einen Teil davon als Preis für euer Produkt ansetzen. Abhängig vom Kontext können Faktoren von einem Tausendstel bis zu einem Zehntel angebracht sein. Die Frage, die dann noch offen ist: Woran knüpfen wir den Preis? An einen Zeitraum oder etwas anderes?
Dafür ist wichtig, in welchem Kontext der Wert überhaupt entsteht:
Weiter oben habe ich geschrieben, dass ihr den Preis nicht basierend auf euren Kosten ermitteln sollt. Ihr dürft und solltet ihn aber selbstverständlich anhand eurer Kosten validieren. Nur so könnt ihr garantieren, dass sich Kundenwert und der Wert für euer Unternehmen in der Waage halten. Insbesondere zu Beginn eines Produkts kann es sein, dass ihr die Kunden noch nicht kostendeckend bedienen könnt, weil sich hohe Fixkosten für Personal und Infrastruktur zunächst auf wenige Kunden verteilen. Ihr geht dieses Investment aber möglicherweise bewusst ein, um Kunden zu gewinnen. Auf jeden Fall müsst ihr im Blick behalten, wie ihr den Break-Even erreicht, zu dem ihr die Kunden nicht nur kostendeckend, sondern mit Gewinn bedienen könnt.
Zum Einstieg kann euch helfen, eure Kosten ebenfalls skalierbar zu gestalten. Ihr könnt zum Beispiel beim Personal zumindest zum Teil mit externen Kräften arbeiten, die ihr nach Bedarf beauftragt. Die Infrastrukturkosten lassen sich mit Ansätzen wie Serverless in der Cloud nahezu linear zu eurem Kundenvolumen skalieren.